Mariel Müller, Alexandra Reinsberg und Elisabeth Winter sind Stipendiatinnen des Programms „Eliteförderung Videojournalismus“, einer Initiative des MedienCampus Bayern e.V, der Hochschule Ansbach und dem Aus- und Fortbildungskanal „afk tv“.
Gemeinsam haben sie eine bemerkenswerte Multimedia-Reportage produziert, die ein Münchner Patenschaftsprojekt für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge beleuchtet.
Aufgrund der derzeitigen Pegida-Demonstrationen und der damit verbundenen Stimmung in Deutschland hat uns die Geschichte erst recht bewegt. Deshalb haben wir hierzu zwei der drei verantwortlichen Nachwuchsjournalistinnen über ihr Projekt „Fremde Freunde” gefragt:
1. Elisabeth, wie kamt Ihr zu genau diesem Thema? Und: Kanntet Ihr das Projekt „Münchner Mentoren“ und die beiden Paten schon vor Beginn eurer Arbeit?
Elisabeth Winter: Im Sommer 2014 waren wir auf der Suche nach einem Thema für unser Abschlussprojekt. Zu der Zeit war das Flüchtlingsthema schon länger aktuell. Wir haben sehr viele Themengebiete in Bezug auf Flüchtlinge anrecherchiert und uns mit vielen Flüchtlingen und Initiativen, die sich für sie engagieren, getroffen. Aber es war nicht einfach, eine Geschichte daraus zu stricken. Auch, weil viele Flüchtlinge skeptisch waren, ob sie ihre Geschichte veröffentlichen wollen – niemand will sein Asylverfahren gefährden, was wir absolut verstehen konnten. Häufig hatten wir bei der Recherche den Eindruck, dass sich viele in unserem Alter fragen, wie sie helfen können. Als wir dann über den Münchner Flüchtlingsrat von den Münchner Mentoren gehört haben war klar: Das ist ein spannendes Projekt, das wir begleiten wollen. Unsere Protagonisten haben wir dann nach und nach kennengelernt.
2. Die Dreharbeiten sind ja schon eine ganze Weile her – Habt Ihr noch Kontakt zu den Protagonisten? Und was uns natürlich besonders interessiert: Sind Benjamin und Philipp mittlerweile auch zu Freunden geworden?
Alexandra Reinsberg: Das interessiert uns natürlich auch immer noch brennend und deshalb fragen wir ab und an bei den beiden nach. Bisher haben die zwei es immer noch nicht geschafft sich zu treffen. Benjamin meinte letztens, dass es hoffentlich in den Ferien klappt, wenn sein Schul- und Philipps Unistress etwas nachlässt… Wir hoffen es auf jeden Fall.
Bild: Kausa Medienpreis
3. Wie seid Ihr bei der Erstellung der Reportage vorgegangen und wie viel Zeit habt Ihr für das Projekt insgesamt benötigt?
Alexandra Reinsberg: Nachdem wir auf Felix, einen der Initiatoren der Münchner Mentoren, gestoßen waren, haben wir uns mit ihm und seinem Paten Hamud erstmal ohne Kamera getroffen. Wir wollten die zwei kennenlernen, sie sollten die Chance haben, uns einzuschätzen. Uns war klar: Wenn Hamud uns seine Fluchtgeschichte erzählt, dann nur, wenn er und Felix uns vertrauen. Über Felix haben wir dann die Kontakte von Philipp und Benjamin bekommen. Die beiden standen in den Startlöchern für die nächste Patenschaft und auch die beiden haben wir erstmal einzeln ohne Kamera getroffen. Das war schon im August. Im September und Oktober haben wir dann gedreht und angefangen zu schneiden. Leider war dann im Oktober für zwei von uns das Stipendium vorbei, sodass wir nebenher Geld verdienen mussten und uns nicht mehr ausschließlich um unsere Webreportage kümmern konnten. Das verzögerte das ganze Projekt etwas und am Ende war es ehrlich gesagt auch unser Perfektionsanspruch. Wir hatten schon so lange Zeit an unserem Abschlussprojekt gearbeitet, da haben wir dann auch noch die kleinsten Makel, die am Ende nur noch uns Dreien aufgefallen sind, beseitigt.
4. Die Reportage glänzt ja unter anderem durch großartige Filmbeiträge. Warum habt Ihr Euch – statt „Nur-Film“ – für eine Multimedia-Reportage mit Pageflow entschieden?
Elisabeth Winter: Unser Stipendium hat sich hauptsächlich um Videojournalismus gedreht, deshalb hat uns das Drehen auch sehr viel Spaß gemacht. Häufig merkt man aber auch, wie befangen Protagonisten werden, wenn eine Kamera auf sie gerichtet ist. Außerdem rauschen in Filmen manche Informationen am Zuschauer vorbei, weil es manchmal auch einfach schön ist, die Bilder anzuschauen. Beides wollten wir bei unserer Geschichte verhindern –dafür war sie uns zu wichtig. Durch die Multimedia-Reportage konnten wir verschiedene Erzählweisen ausprobieren, manchmal einfach nur das Mikrofon hinhalten und ein Gespräch belauschen oder Hintergründe in Texten erläutern. Die Abwechslung macht die Geschichte spannend für die Zuschauer und für uns war es ein spannendes Experimentierfeld.
5. Welche Rolle spielen Digital-Reportagen Eurer Meinung nach in der Zukunft des Journalismus?
Alexandra Reinsberg: Durch unsere Arbeit mit Pageflow waren wir für das Thema natürlich sensibilisiert und uns ist aufgefallen, wie viele Medienhäuser schon jetzt mit digitalen Reportagen arbeiten. Da kommen teilweise einfach schon großartige Sachen raus, die Geschichten gleichzeitig sehr gefühlvoll und hintergründig transportieren. Für jeden Part der Geschichte kann man so die richtige Darstellungsweise wählen und wenn das clever durchdacht ist, sind die Geschichte einfach viel stärker. Natürlich eignet sich nicht jede Geschichte gleich gut und es darf bei den Usern auch kein Overkill an solchen Multimedia-Reportagen geben. Aber wenn die Erzählweise behutsam eingesetzt wird, ist das eine großartige Chance für Journalisten und ihre Geschichten.
6. Gibt es Tipps oder Anregungen, die Ihr anderen Journalisten mitgeben könnt, die mit Pageflow arbeiten möchten?
Elisabeth Winter: Schaut Euch Pageflow gut an, bevor Ihr anfangt zu arbeiten und nehmt Euch die Zeit, ein Konzept für dieses Multimedia-Tool zu erstellen. Das ist das allerwichtigste. Vielen Geschichten sieht man leider an, wenn sie ursprünglich für ein anderes Medium erstellt und dann mal fix in Pageflow übertragen wurden. Aber wenn das Konzept erst mal steht und man sich auf die Möglichkeiten von Pageflow einlässt geht es wirklich sehr schnell bis das Ergebnis zu sehen ist.
Liebe Elisabeth, liebe Alexandra, wir bedanken uns für das Gespräch!
Hier geht’s zur Reportage FREMDE FREUNDE
Links:
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Münchner Mentoren